Vor dem tiefen Fall der Elizabeth Holmes stand ein steiler Aufstieg. Der Blutschnelltester, der
hunderte Erkrankungen mithilfe weniger Bluttropfen feststellen sollte, verschaffte ihrem
Unternehmen Theranos einst den Unicorn-Status. Bei allen Verfehlungen bleibt auch einiges, das wir
von der Unternehmerin lernen können, zurück.

Das richtige Self-Branding

Holmes verfolgte eine durchdachte Selbstvermarktungsstrategie: Mit selbstbewusstem und
charismatischem Auftreten sowie tiefer Stimme strahlte sie Professionalität und
Vertrauenswürdigkeit aus. Dass eine tiefe Stimme derartige Effekte hat, beweisen mehrere
wissenschaftliche Studien. Nicht ohne Grund bedienten sich einst schon Margaret Thatcher oder
Angela Merkel dieser Methode.

Das Einmaleins der Verkaufspsychologie

Marken erzählen Geschichten: Das weiß jede:r, der/die Grundkenntnisse im Marketing hat. Auch
Holmes setzte auf klassische Storytelling-Techniken, um eine emotionale Verbindung zwischen
Produkt und Kund:innen zu schaffen. Holmes‘ Nadelphobie konnten viele Menschen gut
nachvollziehen; die vermeintlich enge Beziehung zu ihrem Onkel, der aufgrund einer verabsäumten
Diagnose verstorben sei, rührte zu Tränen.


Die Verkaufspsychologie besagt auch, dass Menschen in Machtpositionen vergleichsweise mehr
vertraut wird. Von Anfang an holte die Theranos-Gründerin namhafte Persönlichkeiten als
Investor:innen und Vorständ:innen an Bord. Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger oder
Medienunternehmer Rupert Murdoch sorgten für Glaubwürdigkeit.

Zwischen Starfaktor und Expertise


Die Kehrseite der Medaille: Sämtliche Personen im Vorstand hatten keinerlei Expertise in der
Medizintechnik. Sie hätten Probleme gar nicht erkennen können – selbst, wenn Holmes das gewollt
hätte. Idealerweise sollten sich Unternehmer:innen deshalb mit einem Team umgeben, das nicht nur
Bekanntheit, sondern auch Qualifikation mitbringt.

Kommunikation als Vertrauensbasis


Eine wertschätzende Kommunikation innerhalb des Unternehmens muss sowohl bottom-up als auch
top-down gepflegt werden, um Vertrauen und Loyalität zu schaffen. Bei Theranos wurden die
Mitarbeiter:innen stattdessen aus Informationsflüssen ausgeschlossen, regelmäßig drohte Holmes
mit Klagen. Am Ende berichteten Mitarbeiter:innen dennoch öffentlich über die Fehlfunktionen des
Geräts. Holmes wiederum sagte im Prozess aus, sie sei nicht über alle Probleme informiert worden.

Das Momentum nutzen


Mit ihrem Blutanalysegerät traf Holmes den Zeitgeist: Dieses bot eine einfache Lösung für ein
komplexes und weitverbreitetes Problem. Holmes nutzte zudem das Momentum rund um die EbolaEpidemie. Immer wieder tauchte sie in diesbezüglichen Diskussionen auf und verknüpfte die eigene
Marke mit den brennendsten Herausforderungen der Medizin.


Bei all dem muss aber natürlich Vorsicht mit großen Versprechungen geboten sein: Können diese
nicht gehalten werden und/oder beruhen sogar auf bewussten Unwahrheiten, ist der Fall tief und
fatal.

Redaktion